Samstag, 12. Juli 2014

Erfahrungen auf dem Campo








Zwei Wochen im Mai haben Lisa und ich auf dem Campo, in Villa Atamisqui verbracht, was sehr beeindruckend war und uns nochmal eine ganz andere Seite von Santiago, von Argentinien, ja von Lateinamerika gezeigt hat. Mit der Ankunft in Atamisqui begann dann auch die Ankunft in der Realität. Der moderne Reisebus fährt weg und lässt uns irgendwo im nirgendwo zurück, in einem Dorf, in dem zwar ein paar hundert Menschen leben, aber das derzeitige Zeitalter noch nicht angebrochen zu sein scheint und alles irgendwie etwas langsamer und gemächlicher zugeht. Gewohnt haben wir dort in einem Internat zusammen mit Schülern, die die örtliche Secundaria besuchen aber eigentlich noch weiter aus dem Hinterland kommen, in dem es aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte keine Schulen gibt. Vom sehr frühen Aufstehen, dass wir nicht mehr gewöhnt waren, bis zum „Duschen“ mit Brunnenwasser, Eimer und Tasse, sowie dem extrem, wirklich extrem süßen Mate Cocido zur Merienda – alles haben wir verwöhnten Stadtmenschen mit den Schülern mitgemacht. In der Schule haben wir in Mathe und Englisch ausgeholfen, da sehr oft Lehrer fehlen, teils wetter-, teils krankheitsbedingt, teils ohne bekannten Grund, vor allem jedoch vom Leben in Deutschland erzählt, was uns nun wirklich schon wie „otro mundo“, wie eine andere Welt vorkommt. Erneut wurden wir von der Gastfreundschaft der Argentinier überrascht, so wurden wir mehrmals zum Essen und Mate trinken eingeladen und haben gelernt, Empanadas zu machen (war nach zehn Monaten auch wirklich mal an der Zeit!). Die Chicos der Residencia sind dankbar, dass ihre Eltern es ihnen ermöglichen, die Schule zu besuchen und dort zu wohnen, wo es ihnen an nichts fehlt, es gibt Wasser, Strom, genug zu essen und zu trinken, medizinische Versorgung und jemanden zum Reden. Wir haben ihnen bei den Hausaufgaben geholfen, mit ihnen Kekse gebacken, gebastelt und Armbänder geknüpft – was eine willkommene Abwechslung zum täglichen Telenovela schauen und Fußball spielen gewesen zu sein schien. Was uns dort jedoch am meisten gefallen hat, war zu sehen, mit wie wenig die Menschen glücklich und zufrieden sein können, wahrscheinlich glücklicher als diejenigen, die im Überfluss leben, und diesen nicht zu schätzen wissen. Man wird sich darüber klar, worauf es im Leben ankommt, was das wirklich Wichtige und Notwendige ist.

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