Samstag, 8. März 2014

Lesenswerter Artikel zur aktuellen wirtschaftlichen Situation Argentiniens



AUSLAND

A R G E N T I N I E N
Angst vor "Argenzuela"
Eine rasende Inflation und 500 Streiks in einem Monat:
Argentinien fürchtet sich vor einer politischen Krise wie in
Venezuela.

VON
Ralf Pauli
|
08. März 2014 - 12:03 Uhr

In welchem Land der Welt würden Gewerkschafter eine Gehaltserhöhung von 31 Prozent ablehnen, auch wenn sie stufenweise erfolgen soll? So viel hatte die argentinische Regierung den Lehrern im Land zuletzt geboten, um einen angedrohten 72-Stunden-Streik zu verhindern. Vergeblich. Seit Mittwoch fällt für rund sechs Millionen Kinder und Jugendliche in Argentinien die Schule aus.
Das Regierungsangebot bezeichnen die fünf Lehrergewerkschaften als "inakzeptabel". Sie fordern zwischen 42 und 61 Prozent mehr Lohn. "Das Angebot der Regierung wäre gut, wenn Argentinien Deutschland wäre", schreibt Joaquín Morales Solá, Kolumnist der Tageszeitung La Nación und bekannter Regierungskritiker. "Der Unterschied ist, dass man hier nicht weiß, wie stark die Inflation in den nächsten 60 Tagen steigt."
Tagtäglich bekommen die Argentinier derzeit zu spüren, wie schnell der Peso an Wert verliert. Im Januar sind die Lebensmittelpreise in der Hauptstadt Buenos Aires so stark gestiegen wie zuletzt vor 14 Jahren, um über fünf Prozentpunkte. Die Regierung musste den Supermärkten für 193 Produkte "eingefrorene" Preise verordnen. Die Tickets für U-Bahn und Stadtbusse in Buenos Aires haben sich in den vergangenen zwei Jahren verfünffacht. Und in vielen Läden in der Hauptstadt sieht man schon keine Preisschilder mehr.

Sieben Jahre lang hat die Regierung die hohe Inflation bestritten und geschönte Statistiken veröffentlicht. Die Forderungen der Lehrer sind daher ein guter Maßstab dafür, wie die Inflation von derzeit 30 Prozent die Löhne entwertet. Da klingt es für viele Argentinier wie Hohn, dass ihre Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner das Thema totschweigt. Vor einer Woche eröffnete Kirchner feierlich die neue Sitzungssaison des Parlamentes. Drei Stunden lang skizzierte sie vor Abgeordneten und Senatoren die Erfolge ihrer Regierung. Der Verfall des Geldwerts kam darin nicht vor.
Argentinien hat die zweithöchste Inflationsrate des Kontinentes. Nur in Venezuela liegt sie höher. Das lässt befürchten, Argentinien könnte in eine ähnlich schwere politische Krise stürzen wie derzeit Venezuela, mit landesweiten Protesten, ausufernder Polizeigewalt, Toten und zwei politischen Lagern, die sich unversöhnlich gegenüber stehen. Ihrer Angst vor venezolanischen Verhältnissen haben argentinische Social-Media-Nutzer auch schon einen Namen gegeben:
#argenzuela.

Erst im Dezember Tote und Plünderungen

Bislang sind die Lehrerstreiks friedlich verlaufen. Doch wie berechtigt die Ängste vor einer Eskalation sind, haben die Argentinier im Dezember erlebt, als das Land gerade die Rückkehr zur Demokratie vor 30 Jahren feierte. Während die Regierung in der Hauptstadt Lobesworte für den Friedenswillen der Argentinier fand, wurden in der zweitgrößten Stadt des Landes, Córdoba, Supermärkte und Geschäfte geplündert. Die Polizisten gingen dort nicht mehr auf Streife, um so ihren Forderungen nach einem doppelt so hohen Lohn Nachdruck zu verleihen.
Nach den ersten zwei Toten ging der Provinz-Gouverneur José Manual de la Sota auf alle Forderungen der Polizisten ein. Damit begann eine Erpressungsrunde durch fast alle Provinzen. Überall hat die Polizei ihre Forderungen durchgesetzt. Für die Plünderungen und die insgesamt neun Toten hat sie keiner verantwortlich gemacht.

5.000 Streiks in einem Jahr

Das soziale Konfliktpotenzial in Argentinien ist enorm, und die andauernde Inflation ist ein Grund dafür. Die andere ist die steigende Armut, die selbst die traditionell regierungsnahe Gewerkschaft CGT (Confederación General del Trabajo de la República Argentina) anprangert. Über zwölf Millionen Argentinier leben nach der aktuellen CGT-Studie unterhalb der Armutsgrenze. Das ist jeder Vierte. Allein im Januar sollen 500.000 Personen unter die Armutsgrenze gerutscht sein.
Im Februar kam es landesweit zu 519 Straßenblockaden ("piquetes"), die traditionelle Protestform der Gewerkschaften. Mit brennenden Reifen legten sie den Hauptstadtverkehr oder die wichtigen LKW-Routen lahm, auf denen die Exportprodukte Soja, Weizen oder Mais zum Hafen nach Buenos Aires transportiert werden. Im vergangenen Jahr zählten Forscher insgesamt 5.767 Blockaden. Die Opposition behauptet, dass die Stadt Buenos Aires dadurch umgerechnet 43 Millionen Euro an Einnahmen verlor.
Nun steht dem Land möglicherweise eine weitere, noch größere Streikwelle bevor: Sollten die Lehrer ihre hohen Lohnforderungen durchsetzen, würden andere Gewerkschaften dasselbe fordern, schätzten Beobachter. Davor fürchtet sich die Regierung, die in den vergangenen drei Jahren die Hälfte der Zentralbankreserven für Schuldendienste, Energieimporte und Stützkäufe ausgegeben hat, um den Argentinischen Peso zu stabilisieren. Bereits vor zwei Jahren sah sich die Regierung gezwungen, den uneingeschränkten Kauf ausländischer Devisen zu verbieten. Zu viele Argentinier hatten ihre Peso in US-Dollar getauscht. Seitdem es die "Fußfessel" (Cepo) gibt, ist der Tauschkurs auf dem Schwarzmarkt in die Höhe gesprungen.
Um die Haushaltskassen zu sanieren, hat Kabinettschef Jorge Capitanovich schon angekündigt, die staatlichen Subventionen für Strom- und Transportpreise zu kürzen. Eine Zusatzsteuer von 35 Prozent auf Käufe von Bürgern und Unternehmern im Internet soll wieder Geld in die Staatskassen bringen – und die heimische Wirtschaft stärken.

Letztes Regierungsjahr für Fernández

Der Gewerkschaftsdachverband Central de Trabajadores de la Argentina (CTA) rief für kommende Woche zum Generalstreik auf. An den Ergebnissen des Lehrerstreiks werden die eigenen Forderungen abgesteckt.
Argentinien ist müde geworden von einer Regierung, die die sozialen Konflikte nicht befrieden und die Entwertung des Geldes nicht aufhalten kann. Bei den vergangenen Parlamentswahlen im Oktober hat die regierende "Frente para la Victoria" (FPV) eine Schlappe in allen wichtigen Provinzen hinnehmen müssen, unter anderem in der Stadt Buenos Aires, in der erneut die Oppositionspartei PRO gewann, und in der gleichnamigen bevölkerungsreichen Provinz. Dort gewann ein früherer Mitstreiter der Präsidentin, Sergio Massa, der jetzt als aussichtsreichster Kandidat für Präsidentschaftswahlen 2015 gilt.

Bis dahin muss Fernández, die bereits zweimal amtierte und nicht erneut antreten darf, das Erbe des Kirchnerismus verteidigen. Aber auch sie scheint müde geworden zu sein, mit den sozialen Gruppen streiten zu müssen. Nach einer längeren Auszeit im fernen Patagonien musste Fernández Gerüchte über ihre schlechte Gesundheit entkräften. Und als sich vergangene Woche der Lehrerstreik abzeichnete, klagte Fernández vor dem Parlament: "Es kann nicht sein, dass der Schulbeginn jedes Jahr von Gehaltsdebatten torpediert wird. Oft fühlt man sich wie eine Geisel, weil die Kinder ja zur Schule gehen müssen."


Die Gehälter der Lehrer zählen mit umgerechnet 315 Euro im Monat zu den niedrigsten des Landes. LKW-Fahrer und Polizisten verdienen drei- bis viermal so viel. Die Regierung verurteilt die Streiks dennoch als "Gewaltmittel". Für die bevorstehenden Generalstreiks hat die Regierung vorsorglich schon mal die Anzahl der Polizeikräfte im Großraum Buenos Aires verstärkt. Bezahlt werden sie jetzt ja besser.

COPYRIGHT:
ZEIT ONLINE
ADRESSE:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-03/Argentinien-Streik-Lehrer-Krise-Unruhen-Angst-
Venezuela

Montag, 24. Februar 2014

Auszüge aus meinem Zwischenbericht

 

Erwartungen



Bevor ich in Argentinien ankam, wusste ich noch nicht besonders viel über die Kultur und die Menschen, die hier leben, hatte jedoch dank unserer Vorgänger eine grobe Vorstellung davon. Beispielsweise hatte ich mir nicht vorgestellt, dass es hier, neben vielen Armen, auch sehr viele sehr Reiche gibt. Genauso wusste ich bereits, dass es große Armut gibt, jedoch kannte ich nicht die Geschichten, Namen und Schicksale der Betroffenen und wusste nicht, wie sich diese tatsächlich äußert. Eventuell hatte ich zu hohe Erwartungen und Ansprüche an mich selbst, was z.B. den Erfolg beim Unterrichten angeht, wobei ich vorher auch keine Vorstellung davon hatte, wie das Schulniveau und das Lernverhalten der Schüler sind. Dennoch hatte ich nicht die Illusion, mit meinem Dienst „die Welt verbessern“ zu können, und ich bin zufrieden damit, mit meinem Einsatz meinen Anteil beizutragen.

 

Arbeit




Meine Arbeit teilt sich auf zwei Einsatzstellen auf, die Grundschule Santiago Apóstol, in der ich montags, mittwochs und freitags jeweils am Nachmittag bin, und die weiterführende Schule Pio XII, in der ich dienstags und donnerstags vormittags bin.
In der Grundschule begleite ich häufig die Klassenlehrerin des 7° grado, die sozusagen meine Tutorin ist, die sich immer um mich kümmert und mit der ich über alles sprechen kann. Vor allem im Fach Englisch versuche ich, mich einzubringen, so habe ich bereits gemeinsam mit der Englischlehrerin Unterricht vorbereitet und eine Einheit zum Thema „Unregelmäßige Verben“ gestaltet. In mehreren Klassenstufen hatte ich die Gelegenheit, ein paar Grundlagen in Deutsch zu unterrichten und von Deutschland zu erzählen, was von den Schülern mit großem Interesse aufgenommen wurde. Vor Weihnachten habe ich mit einer Klasse im Musikunterricht ein deutsches Weihnachtslied gesungen und einer anderen im Religionsunterricht das Vater Unser auf Deutsch beigebracht. Auch in der ersten Klasse konnte ich die Lehrerin unterstützen, indem ich einzelnen, schwächeren Schülern beim Abschreiben und dem Erledigen der Aufgaben geholfen habe.
In Pio XII bestanden meine Tätigkeiten hauptsächlich darin, bei der Sekretariatsarbeit zu helfen, als Vertretungslehrerin Englisch zu unterrichten und die Arbeit meiner Vorgängerin fortzuführen, indem ich die Schulbibliothek ordnete.
Da im Dezember bereits die Schulferien begonnen haben, arbeitete ich ein paar Wochen in der Verwaltung und Buchhaltung unserer Organisation mit, packte in einer Suppenküche mit an beim Kochen, Austeilen des Essens sowie der Kinderbetreuung, und half, zusammen mit einer Mitfreiwilligen, bei der „Equinoterapia Solidaria“, der Reittherapie für Kinder mit Behinderung, was ich auch im zweiten Halbjahr neben den Aktivitäten in den Schulen weiterführen werde. 
 

 

Kultur und Rolle



Was mir bezüglich der Kultur hier in Argentinien besonders leicht fällt, ist mit den Menschen in Kontakt und ins Gespräch zu kommen, da auf beiden Seiten großes Interesse besteht und so offen aufeinander zugegangen wird. Auch hatte ich keinerlei Schwierigkeiten damit, mich auf kulturelle Unterschiede einzulassen – zu Beginn, als es mit der Sprache noch ein wenig gehapert hat, habe ich vor allem aufmerksam beobachtet und dadurch schon viele Differenzen wahrgenommen. Dennoch war es nicht einfach, auch die Gründe und Zusammenhänge, die dahinterstecken, zu begreifen. Dieser Prozess hat bei Weitem länger gedauert und ist nun, nach einem halben Jahr, gewiss noch nicht abgeschlossen. Es fällt nicht nur leicht, sondern macht besonders viel Spaß, sich von der lateinamerikanischen Lebensfreude und Gelassenheit mitreißen zu lassen und manche „typisch deutschen“ Gewohnheiten abzulegen, z.B. das ständige Planen im Voraus. Des Weiteren ist es ein wunderschönes Gefühl, die unglaubliche Gastfreundschaft der Santiagener anzunehmen und daraus zu lernen – „Wenn man hier zu jemandem nach Hause kommt, der nichts hat, außer einem kleinen Stückchen Brot, dann wird er es dir, seinem Gast, geben“. Sehr begeistert bin ich auch von den Festen, der Musik, insbesondere der Folklore, und dem typischen Essen, von Asado bis Empanadas, denn mit all diesem identifizieren sich die Argentinier, was ein starkes Gefühl der Heimat und der Gemeinschaft entstehen lässt.
Was vermutlich jedem schwerfällt, der nicht daran gewöhnt ist, ist die Anpassung an die klimatischen Bedingungen, insbesondere an die Hitze: So ist Santiago del Estero eine der zehn heißesten Städte der Welt. Und damit hängen weitere kulturelle Umstände zusammen, zum Beispiel die tägliche Siesta, die hier nicht nur zwei, sondern fast fünf Stunden geschlafen wird, ein stückweit vermutlich auch die gelassene Grundeinstellung der Menschen, was wiederum den Umgang mit der Hitze erleichtert. Mal ist es schwieriger, mal einfacher, mit dem südamerikanischen Zeitverständnis klarzukommen – einerseits ist es schön, zu spät kommen zu dürfen, ohne dass sich jemand deshalb beschwert, andererseits muss man natürlich auch mit längeren Verspätungen der Anderen rechnen. Was auch manchmal schwerfällt, ist mit der Direktheit der Argentinier umzugehen: Mal wird einem direkt ins Gesicht gesagt, dass man ja schon ziemlich zugenommen hat, mal bekommt man nur durch die Blume von der Direktorin gesagt, was man tun und lassen soll.
Wo ich an meine Grenzen stoße, ist wenn ich direkt mit der Armut, Drogen- und Gewaltproblemen oder sonstigen Missständen konfrontiert werde, da dies in mir ein Gefühl der Ohnmacht auslöst. Diese Ungerechtigkeiten werfen tausend Fragen auf, die größte und schwerste ist die Frage nach dem Warum: Warum gibt es so extreme Ungleichheiten? Warum müssen manche Menschen ohne Zugang zu Trinkwasser und Elektrizität leben, während sich andere gerade einen neuen Porsche kaufen? Warum lassen sich Menschen von der Regierung an der Nase herumführen? Wie kann es sein, dass in einer demokratischen Republik Menschen der Mund verboten wird und jemand, der sich gegen die Regierung äußert, deshalb seinen Job verliert? Und wie schaffen es diejenigen Menschen hier, die fast nichts haben, voller Hoffnung zu sein und für das Wenige, das ihnen gegeben ist, so unglaublich dankbar zu sein? Warum wissen wir unsere Reichtümer kaum zu schätzen und wollen immer noch mehr haben, ohne uns jemals zufrieden zu geben? Warum trägt hier kaum jemand einen Helm, wenn er Motorrad fährt? Warum schnallt sich beim Autofahren niemand an? Warum liegt überall Müll herum? Warum bekommen hier zweijährige Kinder Cola zu trinken? Warum verzichten Menschen auf Essen, um sich ein Smartphone als Statussymbol leisten zu können? Warum fällt so oft der Unterricht aus und weshalb gibt es unzählige Feiertage, an denen nicht gearbeitet wird? Warum sind Beamte bestechlich und warum sehen Polizisten dabei zu, wenn sämtliche Verkehrsregeln gebrochen werden? Warum ist es ein normaler Zustand, dass 16-jährige Mädchen zum zweiten Mal schwanger werden? Warum scheint dieses Land wirtschaftlich den Bach hinunter zu gehen und von einer Krise in die nächste zu stürzen?
Es irritiert immer wieder aufs Neue, dass riesige Villen direkt neben Bruchhütten stehen, in denen sich 15 Menschen zwei Zimmer teilen, wie viele junge Mütter in der Öffentlichkeit stillen, dass scheinbar alles in Raten bezahlt wird, welche Bedeutung hier die Verehrung von Heiligen, insbesondere von Maria, einnimmt und wie wenig selbständig und wie abhängig vom Elternhaus der Großteil der jungen Leute hier ist. Auch ist es ungewohnt, wie mit sozialen Netzwerken umgegangen wird, da es scheinbar ein anderes Verständnis von Privatsphäre gibt, und wie freizügig die Mode in einem eigentlich sehr katholischen Land sein kann.
Meiner Meinung nach geschieht Annäherung in jedem Gespräch, jedes Mal, wenn ich etwas mehr über die Kultur hier erfahre und etwas von meiner eigenen Kultur erzählen kann, was auf beiden Seiten den Horizont erweitert und hoffentlich voreilig gefasste Meinungen abbauen kann.
In der Anfangsphase, als alles noch so unbekannt und neu war, hatten wir das große Glück, dass uns mit unglaublich viel Geduld und Verständnis begegnet wurde und wir genug Zeit hatten, richtig anzukommen und uns einzugewöhnen – an das Klima, die Sprache, die Stadt, die Menschen. Wir wurden von den Mitarbeitern unserer Organisation, aber auch vom Freundeskreis unserer Vorgänger willkommen geheißen und hatten viele Einladungen, sodass wir schnell aufgenommen wurden und Anschluss finden konnten. Nur manchmal wurde ich ins kalte Wasser geworfen, als ich z.B. in der Schule alleine vor eine Klasse gestellt wurde, ohne gesagt zu bekommen, was und mit welchen Materialien man unterrichten soll.
An der Mentalität der Argentinier begeistern mich die Werte der Gemeinschaft und des Teilens, wie sie in Deutschland vielleicht als Ideale existieren, nach denen jedoch kaum einer lebt. Am besten symbolisiert werden diese für mich durch den Mate, der den Alltag der Menschen hier begleitet und der immer mit Freunden, Familien, Arbeitskollegen, aber auch mit Fremden oder Neuankömmlingen, wie wir es waren, geteilt wird – so fühlen sich alle verbunden und dazugehörig. Was gerade für uns, die wir über Jahre hinweg an einen Schulalltag mit enormem Leistungsdruck gewöhnt waren, angenehm und eine willkommene Abwechslung ist, ist die Abwesenheit eben jenen Anspruchs, an dessen Stelle die Akzeptanz und Gewohnheit des „no hacer nada“, des Nichtstuns, steht. Ganz besonders beeindruckt bin ich von der großen Bedeutung des Familienlebens und dem damit verbundenen Zusammenhalt der einzelnen Familienmitglieder. Andererseits hängt damit jedoch auch zusammen, dass viele junge Menschen sehr wenig bzw. nur langsam lernen, selbständig zu werden und vom Elternhaus unabhängig zu sein. Was ich an der südlichen Mentalität ebenfalls toll finde, ist die Improvisationskunst und die Spontanität, da einem so gezeigt wird, dass es nicht immer nötig ist, alles genau im Voraus zu planen, da schlussendlich sowieso alles anders kommt, als man es sich vorstellt und man somit mehr den Moment, mehr im Hier und Jetzt leben kann. Worin sich die Grundeinstellung der Südamerikaner vermutlich am meisten von der der Europäer unterscheidet, ist das andere Verantwortungsbewusstsein. Insbesondere bezüglich des Umgangs mit der Umwelt ist mir dies aufgefallen: Während wir es beispielsweise gewöhnt sind, in Deutschland den Müll stets in Restmüll, Kompost, Papier, Plastik, Glas etc. zu trennen und zu entsorgen, gibt es hier, wenn der Abfall gerade nicht in den Straßengraben geworfen wird, nur Mischmüll. Gleichermaßen geht kaum jemand sparsam mit Strom um und obwohl die Menschen die Armut und den Hunger sozusagen direkt vor der Haustür haben, wird Tag für Tag Essen weggeschmissen. Für Themen wie Umweltschutz, gesunde Ernährung und Sicherheit im Alltag, vor allem im Straßenverkehr, gibt es hier keine bzw. nur sehr sporadisch Sensibilisierung oder Versuche, Bewusstsein dafür herzustellen. Auch wird meines Erachtens weniger verantwortungsvoll sich selbst und der eigenen Gesundheit gegenüber umgegangen, was z.B. ausgewogene Ernährung, Zahnhygiene und das Einnehmen von teilweise sehr starken Medikamenten betrifft. In den Schulen sowie in Familien habe ich den Eindruck, dass die Kinder mit mehr Gelassenheit erzogen werden, dass sie mehr Freiräume bekommen als in Deutschland üblich und mehr geduldet wird.
 

Mittwoch, 12. Februar 2014

Reise duch Südbrasilien und Argentinien - Teil 3







Mit neuer Energie und Motivation starten wir nun ins zweite Halbjahr unseres Freiwilligendienstes. Besos y abrazos desde Santiago !

Reise durch Südbrasilien und Argentinien - Teil 2









Reise durch Südbrasilien und Argentinien - Teil 1

Fünf Wochen waren wir unterwegs - in Sao Paulo, Piracicaba, Florianópolis, Iguazú, El Dorado, Buenos Aires und Gualeguaychú. Hier ein kleiner Bericht unserer wunderschönen und beeindruckenden Reise in Form von Bildern.







Donnerstag, 16. Januar 2014

Sehr verspaetete Weihnachtsgruesse

Nach Langem kommt mal wieder ein Lebenszeichen von uns, es gab ein paar technische Schwierigkeien, die nun zum Glueck behoben sind. Also nachtraeglich noch: Feliz Navidad!